Nachruf auf Mark Brandis
»Das Brandis-Manuskript - Recherche im Weltraum«
von Stefan Finger
Hinweis: Dieser Artikel stammt von 1995, als der IMB ein MB-Manuskript von Dr. Holger Eckhardt zuging, welches von Herder abgelehnt wurde. Stefan ging davon aus, daß dieser Roman auch aus der Feder von NvM stammte. Deshalb auch seine mehrfachen Bezüge auf Ungereimtheiten die er NvM ankreidet. So weit möglich habe ich diese Passagen umgeschrieben. Was bleibt ist neben einer Beschreibung des Romaninhaltes ein genereller Überblick von Stefan, zu einer Zeit, als kein neuer MB in Sicht war.
Vorausgehende Zusammenfassung: Mark Brandis ist tot. Das erfährt
der Leser recht schnell und schonungslos. Mitte der 90er Jahre ist
er in der Goldonischen Sperre verschwunden. Was er dort wieder
einmal zu suchen hatte, wird nicht erwähnt. Seine Frau wurde bei
einem Raumzwischenfall erschossen. Der adoptierte Sohn lebt. Im
Übrigen befindet sich die EAAU mit den VOR im Krieg. Metropolis ist
extrem zerstört. Dabei hat es nie eine Kriegserklärung gegeben.
Hier ein Raumzwischenfall, dort einer, und schon befand man sich in
einem Dauerzustand des Krieges. Die UGzRR ist aufgelöst. Mit
Brandis verschwand die treibende Kraft, die Mittel sind begrenzt.
In der EAAU gilt seit langem das Kriegsrecht, und die Schiffe der
autonomen Gesellschaft wurden kurzerhand beschlagnahmt und als
Transporter verwendet. Captain Romen wurde nach Brandis Tod erster
Vormann, doch da er sich weigerte, sich unter Kriegsrecht stellen
zu lassen und der Strategischen Raumflotte zu dienen, ist er nun
untergetaucht und gilt als weltweiter Terrorist.
Martin Seebeck, der gute alte Bekannte, Gefährte, Freund und
Journalist, erhält im dritten Kriegsjahr 2100 (Beginn: 2098) eine
ominöse Botschaft. Captain Romen nimmt Kontakt mit ihm auf und
bezieht ihn zusammen mit John Harris, der Präsidentin der EAAU und
dem altbekannten Weygand, mittlerweile hoher Militär bei der
Strategischen Raumflotte, mit in eine Verschwörung ein. John Harris
ist weißhaarig, alt, gebrechlich und sitzt im Rollstuhl. Nur sein
Willen hält ihn noch zusammen. Die Präsidentin ist ziemlich
machtlos und ebenfalls im Untergrund tätig, in die auch Weygand
verstrickt ist. Schließlich hat wieder einmal ein militärischer
Befehlshaber die Macht an sich gerissen - Kriegsrecht eben,
Ausnahmezustand.
Wie man erfahren hat, ist man sowohl in West wie auch in Ost auf
der Suche nach dem Brandis-Manuskript. Denn: Die Memoiren, die
Brandis verfaßt hat, sind nur der für die Öffentlichkeit
freigegebene Teil seiner Aufzeichnungen gewesen. Seine wahren,
tatsächlichen, grundlegenden Aufzeichnungen der Ereignisse jedoch
sind gespickt mit geheimen Daten, Fakten, Positionen,
Beschreibungen, und eventuell militärisch bedeutsamen
Zusammenhängen. Sehr wichtig: An mancher Stelle waren die
offiziellen Schilderungen von Brandis schlichtweg verfälscht. Im
Gegensatz zum dargestellten Inhalt im Band Raumsonde Epsilon war
Brandis in der gekaperten Sonde der außerirdischen Zivilisation.
Die Kenntnisse, die er sich dort eventuell verschaffen konnte,
könnten, so glaubt man in Geheimdienstkreisen, von unschätzbarem
Wert sein. Auch sein detailliertes Wissen über die VOR und ihre
unterirdischen Bastionen, in denen er als einziger Europäer weilte
(Die lautlose Bombe), sind von erheblicher strategischer Bedeutung.
So trachtet also alles danach, das Wissen, das in Brandis
originalem Skript niedergeschrieben sein soll, an sich zu reißen,
und den Krieg einem für sich vorteilhaften Ende zuzuführen. Die
geheime Organisation um Harris herum soll dies verhindern.
Romen und Seebeck werden auf die Suche nach Brandis' Manuskript
geschickt, damit es niemand anderem mehr in die Hände fallen kann.
Zuerst sucht man auf der Venus, später auf der Erde, man landet in
Shinkoku, der unterseeischen Stadt der VOR, wird gefangengenommen,
verhört, und gejagt. Das Manuskript bleibt unauffindbar. Am Ende
beendet sich der Krieg von selbst, indem die subversiven
Tätigkeiten der Organisation fruchten, und auf beiden Seiten
gemeutert wird. Als alles vorbei ist, gesteht Romen seinem
Weggefährten Seebeck ein, daß er das Manuskript - ein Mikrofilm -
die ganze Zeit bei sich trug. Die Suche sollte nur ein
Ablenkungsmanöver und eine interstellare Tournee zur Organisation
der Meuterei sein, von der Seebeck, aus dessen Sicht die Ereignisse
geschildert werden, jedoch nichts mitbekommen hat.
Kritik am Brandis-Manuskript:
Mark Brandis,
der Held der gleichnamigen Reihe, der erfahrene Testpilot, der
mehrfache Retter der Welt, der bekannteste Astronaut seiner Zeit,
der Bürgerkriegsheld, der in West und Ost geachtete Mann der Tat,
der Bezwinger des Uranus, der Vernichter der Epsilon-Sonde, der
Hohe Kommissar von Afrika, der Aufbegehrer gegen Konsul Dreyer, der
Umrunder der Sonne und Entdecker des Spiegelplaneten, der Verholer
von Astropolis und Ausbilder der Zwillinge ist tot - einfach so. 31
Bücher samt Jubiläumsband bangt und hofft der Leser mit ihm, lernt
ihn kennen und lieben, erblickt die Welt von Morgen mit seinen
Augen, und ohne, daß die näheren Umstände geklärt sind,
verschwindet er einfach so in einem schwarzen Loch, stirbt er in
der Goldonischen Sperre, obgleich er eben jener bereits zur Zeit
des Metropolis-Konvois entrann und bei anderer Gelegenheit auch den
Vargo-Faktor unter Beweis stellte. Und nun ist er tot.
Sicher, er kannte das Risiko, dem er sich zeitlebens ausgesetzt
hatte, er wußte nur zu gut, daß das Glück wie ein Stück Seife ist:
Je öfter man es benutzt, desto mehr nutzt es sich ab. Er war
Testpilot, und selbst ein hervorragender Testpilot, das ist
bekannt, steht immer mit einem Bein im Sarg. Es ist sogar höchst
realistisch, daß es Brandis erwischt hat, gerecht geradezu, wenn
man an all jene zum Teil nicht minder guten Männer denkt, die im
Laufe der drei Jahrzehnte seines schriftlich fixierten Lebens
weitaus früher das Zeitliche segneten. Man erinnere sich, um nur
einige zu nennen, an Captain van Kerk, den hervorragenden Piloten,
der an den Folgen eines Sonnensturmes qualvoll zu Tode siechte,
oder an Robert Monnier, der samt seiner Frau Iris ebenso ein Opfer
des Kilimandscharos wurde, wie der Schiffskoch Per Dahlsen, und an
Lieutenant Ibaka, der mit seinem Tod dazu beitrug, daß der
Schreckensherrschaft von General Smith ein Ende gesetzt wurde. Auch
Mercier starb, und rettete die Medusa und den Rest der Welt vor dem
sicheren Verderben, die Crew auf dem Uranus ging bis auf einen
einzigen Mann vollständig zugrunde, Brandis Halbbruder verbrannte
in einem U-Boot, und auch seine Geisha-Pilotin mußte sterben, als
Konsul Dreyer die Macht ergriff, und einer seiner Satelitten
ungewarnt das Feuer des Kalten Lichtes eröffnete. All dies
verwundert nicht, denn das, was die Abenteuer in der Welt von
Morgen so hervorgehoben, so ausgezeichnet hat, war der hohe Grad an
Authentizität, war der enorme Realitätsbezug. Menschen sterben nun
mal leider, vor allen Dingen, wenn sie gefährliche Berufe ausüben
oder den Wirren ihrer Zeit erliegen. Auch ist es nur menschlich,
fast schon gnädig, das Brandis den Tod unter den Sternen gefunden
hat.
Wie hätte es denn mit ihm weitergehen sollen? Hätte Brandis im
hohen Alter von 75 Jahren immer noch rast- und ruhelos umherziehen
sollen? Oder hätte er gar von Wehmut zerfressen, von körperlichen
Gebrechen behindert, von Erinnerungen und Sehnsucht geplagt auf der
Erde dahinvegetieren sollen? Brandis als Veteran in der
Andromeda-Bar, der startenden Schiffen mit feuchten Augen
hinterherschaut, der lebendig begraben und an die Erde gefesselt
von alten Zeiten träumt? Nein, nein, es ist gut, daß er seine
letzte Ruhestätte unter den Sternen gefunden hat. Woran du glaubst,
dafür sollst du leben und sterben! Das war stets sein Motto, sein
Wahlspruch, seine Handlungsmaxime gewesen. Danach hat er gelebt,
und man kann sicher sein, daß er dementsprechend auch gestorben
ist. Und wie ähnlich klingt folgender Satz: Wie du lebtest, so
sollst du auch sterben! Freilich, etwas abgewandelt, aber
treffend.
Fragt sich nur folgendes: Mußte es wirklich die Goldonische Sperre
sein? Mußte es schon sein? Mußte es auch seine Frau treffen? Konnte
nicht wenigstens der Tod Brandis und Ruth O'Hara vereinen, wenn es
das Leben denn schon nicht oder nur begrenzt konnte? War es nicht
möglich, daß sie auf einem gemeinsamen Flug ums Leben kamen? Wäre
dies nicht ein harmonischerer Ausgang der gemeinsamen Geschichte,
der Ehe, des Lebens gewesen? Andererseits ist, wie schon gesagt,
die Brandis-Saga eine höchst realistische Erzählung gewesen. Das
Leben hegt eben nur begrenzten Sinn für theatralische Abgänge, für
Romantik und für Gerechtigkeit. Aber nett wäre es gewesen. Und
außerdem: Mußte Brandis' Tod wirklich so sinnlos sein? Konnte sein
Manuskript, nach dem Seebeck und Romen aufgebracht suchen, nicht in
irgendeiner Form zur Rettung der Welt beitragen? Jetzt hat Brandis
schon x-mal die Welt gerettet, konnte er es da nicht auch ein y-tes
Mal schaffen? Wäre es nicht viel erhebender gewesen, wenn die Suche
ein voller Erfolg geworden wäre, und wenn sein Vermächtnis zur
Bewahrung oder zur Neugründung beigetragen hätte? Dann wäre Brandis
sogar noch nach seinem Tod zum Retter der Welt avanciert.
Andererseits - was soll's schon. Wie oft hatte er die Welt schon
gerettet, ganz gleich ob vor dem endgültigen Sieg des Generals
Smith', vor den Verheißungen der Epsilon-Sonde, vor dem Todesstoß
des Helin, vor den Flobs, der lautlosen Bombe, vor der
Hungerkatastrophe, vor der Energiekrise oder vor Konsul Dreyers
Machtgelüsten? Wie oft? Antwort: Genauso oft, wie sie auch wieder
zurück in eine neue Krise fiel. Was hätte das Skript also schon
gebracht. Im Übrigen ausnahmsweise einmal unrealistisch, daß es
nicht zum vierten Weltkrieg gekommen ist. Vielleicht wäre es eine
passendes Untergangsszenario gewesen, die Welt im alles
vernichtenden Krieg versinken zu lassen. Brandis und O'Hara sind
tot, viele andere auch. Nun gut, wie wär's dann als Hintergrund mit
einem gigantischen Weltbrand? Und auf der letzten Seite des letzten
Romanes über eine restlos zerstörte Erde wieder einmal ein Funken
Hoffnung, ein Neuanfang, ein sich abzeichnendes, neues,
friedlicheres und brüderlicheres Staatensystem, das Brandis und
Harris, Romen und Monnier, die VEGA und die UGzRR nur noch aus den
Geschichtsbüchern kennt - das wäre doch ein passabler Abgang
gewesen. Und höchst realistisch. Und gar nicht mal schlecht.
Schließlich ist aus der totalen Vernichtung des zweiten Weltkrieges
ebenfalls ein besseres, vereinteres Europa ohne Grenzen geworden.
Wäre dies nicht auf die VOR und die EAAU übertragbar gewesen?
Wieso soll nicht auch eine zukünftige Staatenordnung unter gehen,
wenn doch auch Rom und Griechenland und viele andere, tatsächliche
Reiche untergehen mußten? Somit wäre nicht nur Brandis gestorben,
sondern auch seine Zeit, seine Ära, seine Epoche und seine Welt.
Brandis als Ikone einer vergangenen, in der Zukunft liegenden Zeit.
Wäre dies nicht angebrachter gewesen? Angebrachter vielleicht, aber
eben nicht im Sinne des Dr. Holger Eckhardts. Wie die gesamte
Geschichte aber auch immer zu Ende gegangen ist oder zu Ende hätte
gehen können, eines ist sicher: Brandis kann nicht einfach so von
der Bildfläche verschwunden sein. Das darf einfach nicht zu sein.
Dafür war die Reihe zu lang, das Interesse zu groß, die Neugier zu
zügellos. Denn das Brandis-Manuskript erwähnt sein Ableben nur mit
wenigen Worten. Er ist in der Goldonischen Sperre verschwunden.
Fertig. Das kann nicht sein.
Diesen 32. Band als 33. einzustufen, und weiterhin auf einen
lückenfüllenden tatsächlichen 32. zu warten, drängt sich geradezu
auf. Ein 32. Band, der eine letzte Rettungsaktion beschreibt, der
erläutert, was Brandis in der Sperre zu suchen hatte, der
Hintergründe nennt und ihn als Helden sterben läßt, ein solcher
Band muß her. Erst dann kann der nun vorliegende Band als
sensationeller Überraschungsband gewertet werden. Erst dann kann
sich das Brandis-Manuskript sehen lassen, zuvor jedoch nicht.
Ansonsten allerdings ein gutes Buch. Es lebt von der genialen Idee,
anhand der Suche nach dem geheimnisvollen Manuskript Brandis'
komplettes Leben noch einmal am Leser vorbeiziehen zu lassen. Und
es macht Brandis im Nachhinein zu einer noch beeindruckendereren
Person, einem noch authentischeren Charakter. Brandis, der Mann,
der seine Erlebnisse niederschrieb und für die Öffentlichkeit
zugänglich machte, ohne etwas davon verlauten zu lassen, daß er
über weitaus detailliertere Kenntnisse verfügte. Der einzige
Mensch, der je in Kontakt mit einer außerirdischen Zivilisation
gestanden hatte, und danach noch über zwei Jahrzehnte lebte, und
sein Wissen zum Wohle des Weltfriedens für sich behielt.
Dieses letzte Buch wertet die gesamte Reihe, ihren
Wirklichkeitsbezug, ihre Bedeutung, ihre Genialität nachträglich um
ein Vielfaches auf, macht Brandis zu einer noch schillernderen
Persönlichkeit, zieht ihn aber gleichzeitig in den unbarmherzigen
Strudel des Todes, der Vergessenheit, der Vergänglichkeit. Er hätte
aus Versehen eingefroren und zusammen mit seiner Frau hinaus in die
Unendlichkeit katapultiert werden sollen, um seine Träume von
friedlichen Expeditionen außerhalb des Sonnensystems wahr werden zu
lassen. Aber der Realismus der Serie zeichnet sie nicht nur aus, er
verschuldet auch ihre Bitterkeit. Harris ergeht es schließlich
nicht anders. Der große Bürgerkriegsheld, der Veteran, der
ehemalige Präsident der Union und der Direktor der VEGA: ein alter,
gebrechlicher, an den Rollstuhl gefesselter, weißhaariger Mann. An
seinem Schicksal gemessen erscheint Brandis' verfrühter Tod fast
schon als Gnade seines Schöpfers.
Dennoch, auch diese Reihe war, ob nun außerordentlich realistisch
oder nicht, keineswegs fehlerfrei. Bestes Beispiel Captain van
Kerk, der ja inzwischen als Colonel ohne zu murren unter gemischten
Besatzungen fliegen soll, wie Brandis einst behauptete. Colonel
jedoch wurde er nie. Als Dr. Holger Eckhardt jenen Satz
niederschrieb, war er sich wohl noch nicht so ganz im klaren
darüber, daß NvM van Kerk ein paar Bände später sterben lassen
würde. Oder aber auch die Geräusche des Dingis, die Romen vernimmt,
während er sich in der Gefangenschaft von Ahmed Khan und seiner
Bande befindet. Da steht man auf der Brücke und vernimmt das Dingi,
das Außenbords mit stotterndem Motor umhertrudelt, weil die
Piratencrew zu betrunken ist, um es direkt beim ersten Versuch in
die Schleuse zu manövrieren. Seit wann kann man im Weltraum hören?
Deutlichst wurde beschrieben, was das Motorengeräusch näher kam.
Ein eklatanter Fehler.
Auch sehr unverständlich: die Umrundung der Sonne? Wo ist das
Problem? Die Erde umrundet die Sonne sozusagen jährlich. Folglich
können auch die dortigen Sternbilder nicht sonderlich fremd sein,
man bekommt sie regelmäßig zu sehen. Außerdem dürfte die Strecke,
die ein Raumschiff bei der Umrundung der Sonne zurücklegt, kaum
weiter sein als der einfache Weg zum Uranus. Es scheint ohnehin so
zu sein, als ob die Planeten in der Brandis-Sage kaum in Bewegung
sind. Der Uranus ist nämlich aufgrund seiner enormen Entfernung zur
Sonne ein ziemlich langsamer Geselle. Wenn man also annimmt, daß
sich Sonne, Erde und Uranus am 1.1. eines Jahres auf einer Achse
befinden, und diese Achse in der Sonne beginnt, im Uranus endet,
und sich die Erde dazwischen befindet, so dauert es nur ein gutes
halbes Jahr, bis die Erde genau auf der Anderen Seite der Sonne
steht, der Uranus sich aber kaum bewegt hat. Folglich sähe die
Achse wie folgt aus: Erde-Sonne-Uranus. Man käme also zu einem
solchen Zeitpunkt kaum an der Sonne vorbei, wenn man zum Uranus
wollte. Gleiches gilt auch für die Venus. Manchmal mag sie in der
Nähe der Erde sein, aber von Zeit zu Zeit steht auch genau auf der
anderen Seite. Das ergibt sich daraus, daß sich die Venus schneller
um die Sonne bewegt, als die Erde.
An gelegentlichen Ungenauigkeiten mangelte es also nicht in den
Memoiren des Mark Brandis. Sehr beliebt auch die Frage nach dem
Spiegelplaneten. Interessiert sich den niemand dafür? Die
Streitkräfte der EAAU erobern doch sonst immer alles, die der VOR
nicht minder. Die Rohstoffe, die noch nicht so extrem geschädigte
Natur... Und nicht einmal eine Expedition wird losgeschickt. Na
gut, lassen wir den Pilgern dort ihren Frieden. Auch etwas unklar:
der flüssige Treibstoff der Kolibris. Im Brandis-Manuskript stehen
Romen und Seebeck vor dem Problem, bald keinen Sprit mehr zu haben?
Na und? Schließlich befinden sie sich im freien Raum. Wozu Sprit?
Ein Triebwerksschub, und das Schiff fliegt bis auf alle Ewigkeit
den eingesteuerten Kurs. Dennoch scheint es so, als ob die Maschine
des Kolibri ständig laufen müßte, um das Schiff vorwärtszutreiben.
Seltsam, seltsam.
Ähnlich auch die im letzten Band vorkommenden Gewehrsalven, die
angeblich ohrenbetäubend sein sollen. Sind Lasergewehre seit
neuestem geräuschvoll? Bisher war nur von bleichen Knochenfingern
die Rede, nicht aber von Geräuschemission.
Oder der adoptierte Sohn, der im Jahr, in dem das Buch spielt, also
2100, schon 18 Jahre alt sein soll, obwohl er 2088, als Ruth ihn
fand, erst drei war. Er kann höchstens 14 oder 15 gewesen sein.
Auch sieht die Einleitung des Buches die Dinge rückblickend aus dem
Jahr 2104, das Buch spielt aber im Jahr 2100. So wird also 2104 von
einem 3½jährigen Krieg gesprochen, der folglich von 2098 bis 2101½
währen müßte, aber schon im Jahr des Buches, also 2100, zu Ende
geht.
Aber was soll's? Brandis ist tot. Bedauerlich. Vielleicht ist es
besser, das Brandis-Manuskript einfach als das zu bewerten, was es
ist: Unveröffentlicht!