Interessengemeinschaft Mark Brandis

Interview mit Anton Baumeister

undefined Robert André (links) und Anton Baumeister bei der Auszeichnung mit dem Jugendbuchpreis "Heidelberger Leander"

von Volker Niemeyer

Geboren wurde Anton Baumeister 1932, ein sogenannter "weißer Jahrgang". Dadurch wurde er während der Nazi-Diktatur zu keinerlei kriegerischen Tätigkeiten eingesetzt, was er ausdrücklich begrüßt. In der neuen Bundesrepublik entging er nach dem Abitur ebenfalls einer Verpflichtung in der Bundeswehr.
Stattdessen absolvierte Baumeister eine Ausbildung zum Buchhändler im Verlag Herder (Freiburg), danach folgte eine Tätigkeit beim Schweizerischen Vereinssortiment in Olten sowie bei der Deutschen Verlags-Anstalt (Stuttgart) als Werbe- und als Lektoratsassistent. Interimistisch Studium von Alter Geschichte und Kunstgeschichte. Anschließend blieb er beruflich vierzig Jahre im Verlagswesen: als Hersteller, als Lektor, als Programmleiter eines Jugendbuchverlags und als Sachbuchredakteur.
Er ist ehrenamtlicher Ausbilder und Prüfer sowie Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlegern. Neben seiner Lektoratstätigkeit tat er sich mit verschiedenen Kinder- und Sachbüchern sowie Feuilletons hervor, darunter das sehr erfolgreiche Herders Bilderlexikon (Konzept und Text; Bilder: Robert André), wofür es im Oktober 2000 den Heidelberger Jubiläumsleander gab. Eine weitere Auswahl folgt am Ende des Interviews. Er benutzt auch das Pseudonym Georg Telemann.
Anton Baumeister lebt in Freiburg, ist verheiratet, hat zwei Kinder und drei Enkel. Zu seinen Hobbies zählen Reisen zu zweit, Tanzsport, Klavierspiel und das Schreiben.
Das Interview wurde im November 2000 geführt.

undefined Der erste Romane mit ursprünglichem Umschlag

D7:
Wann kam es zum ersten Kontakt zwischen Ihnen und Herrn von Michalewsky?

AB:
Kann ich nicht mehr feststellen, entsprechende Verlagskorrespondenz ist nicht mehr greifbar. Ich denke, ich habe Nikolai von Michalewsky 2 ? 3 Jahre vor dem ersten Mark Brandis-Buch brieflich kennengelernt. Der Autor bot verschiedene (mindestens zwei) Manuskripte an, die sehr gut waren, doch damals nicht ins Programm paßten. Erinnerlich blieb mir: der Autor lebt mit wachen Sinnen in seiner/unserer Zeit; er kann spannend erzählen; technische Phänomene interessieren ihn. Solche Qualitäten sollte ein Autor besitzen, mit dem ich gern eine (kleine, auf vier Bände gedachte) SF-Serie Überlegen und planen wollte. Daher trat ich, zunächst schriftlich, dann persönlich an den Autor heran.

D7:
Haben Sie sein gesamtes Werk bei Herder betreut? Um welche Romane neben Mark Brandis und Nick Norden ging es?

AB:
Ja. Zunächst die Serien: Mark Brandis - Nick Norden - "Fortuna"-Serie. Außerdem die Seefahrts-/ Taucherromane unter dem Namen Nikolai von Michalewsky. Ferner: die eindrucksvollen historischen Vergegenwärtigungen unter dem Pseudonym Victor Karelin. Zuletzt die Pocken-Saga "Sieger in Weiß", von der WHO gewollt und gefördert.

D7:
Gab es Romane von NvM, die dann doch nicht veröffentlicht wurden? Mir bekannt ist der vierte Teil von "Grüner Auftrag für Fortuna".

AB:
Das müßten Sie den Autor fragen. Ich selbst kenne nur den Fall der Lebens-Chronik des KZ-Märtyrers Maximilian Kolbe, vorgesehen als "Karelin"-Buch; es war der Verleger persönlich, der sich gegen eine Veröffentlichung bei Herder aussprach. Unter dem Gesichtspunkt des Verkaufserfolgs war die Entscheidung wohl zutreffend denn das Buch wurde auch an anderer Stelle nicht veröffentlicht.

D7:
Was genau haben Sie bei den Romanen gemacht, bzw. was ist die genaue Aufgabe des Lektorates gewesen?

AB:
Der Verlag hat die Manuskripte in Buchform veröffentlicht sowie für Verkauf, Werbung und Vertrieb gesorgt. Das Lektorat sorgte dafür, daß das Manuskript "stimmig" war. Änderungen nur mit Zustimmung des Autors.

D7:
Wer war für die Wahl der Illustrationen verantwortlich? Gab es vor der Entscheidung für Robert Andrè noch andere Kandidaten?

AB:
Einbandbild und spätere Innenillustrationen besorgte der Verlag. Beim ersten Band erwies sich die 1. Fassung als Fehlschlag, dieser Einband kam beim Handel überhaupt nicht an. Sie war gestaltet nach einem Foto aus "2001 - Odyssee im Weltraum". Danach beauftragte der Verlag Robert André, Bern, mit der gesamten Ausstattung der Serie: Einbandbilder, Illustrationen innen, Werbeposter - ich hatte bei den Atelierbesuchen anläßlich der Arbeit am "Bilderlexikon" die eindrucksvollen space-art Gemälde gesehen und bewundert. Einige davon sind in dem Band "Aufbruch zu den Sternen" später abgebildet worden.

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D7:
Welcher MB-Roman hat Ihnen am besten gefallen? Welches Titelbild und welche Innenillustrationen sagen Ihnen am meisten zu?

AB:
Kein Kommentar: der Lektor steht zu den veröffentlichten Texten und Bildern.

D7:
Inwiefern hatten Sie mit den Lizenzausgaben bei Bertelsmann und Omnibus zu tun?

AB:
Nach Ausverkauf der Serie bei Herder habe ich, für den Autor handelnd, die Taschenbuchausgabe bei OMNIBUS/Bertelsmann vermittelt. Ich verantworte auch die dortige Kürzung (die manchem Liebhaber der Ur-Ausgabe mißfällt).

D7:
Waren Sie auch für Ausgaben in anderen Sprachen zuständig? Bekannt wären mir Ausgaben in holländisch, dänisch, spanisch, portugiesisch und chinesisch.

AB:
Dafür war die Rechtsabteilung des Verlags zuständig. Nachdem dieser alle Rechte an der Serie dem Autor zurückgab, konnte ich im Namen von Nikolai von Michalewsky eine chinesische Literaturagentin interessieren. Mit dem Erfolg, daß eine vorerst zehnbändige Übersetzung erscheinen wird.

D7:
Blieb es bei der Namensgebung Mark Brandis? Wurden die gleichen Illustrationen verwendet?

AB:
Wie die chinesische Ausgabe illustriert wird, ist Sache des dortigen Verlags.

D7:
Hat Sie es überrascht, daß gerade ein Land, welches in den MB-Romanen eine nicht unerhebliche und wahrlich nicht immer positive Rolle spielt (sowohl in der Fiktion, wie in der Wirklichkeit), die Romane erscheinen läßt?

AB:
Es kommt mir ziemlich chinesisch vor! Nein, im Ernst: Es gibt mir zu denken, daß sich jetzt nach dreißig Jahren ein Verlag ausgerechnet in China interessiert. Die angelsächsischen Verlage waren bis heute absolut nicht zu bewegen, die Bücher auch nur anzuschauen. Warum? Eine Frage für später, wenn die Serie im "Land der Mitte" erscheint: dann wäre ich als "Geburtshelfer" ziemlich stolz.

D7:
Anton Baumeister, vielen Dank für das Interview!

Auswahl der Bücher:
1965 Das verzauberte Schloß, Bilderbuch
1967 Das große Fest, Bilderbuch
1985 Unser Freiburg damals, Bilder und Geschichten
1988 Nonni und Manni
1994 Tanzen macht Spaß, Feuilleton
1995 Die Kürbisrassel, Bilderbuch
1997 Komm mit mir ins Wörterland. Mein erstes Lexikon